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Carolin Würfel: Drei Frauen träumten vom Sozialismus. Christa Wolf, Brigitte Reimann und Maxie Wander

Das schreibt der Verlag:

Christa Wolf, Brigitte Reimann, Maxie Wander – waren sie Träumerinnen oder Macherinnen, diese drei Frauen, die zu Ikonen der DDR-Literatur wurden? In ihrem atmosphärischen Porträt zeigt Carolin Würfel drei Schriftstellerinnen, die im Temperament unterschiedlicher kaum sein könnten und die doch eines eint: die Begeisterung für das Versprechen des Sozialismus, die Bereitschaft, den Traum vom neuen Menschen in ihrem Alltag, ihrer Arbeit und ihren Beziehungen umzusetzen. Mit welchem Selbstbewusstsein diese Frauen in den 1950er- und 1960er-Jahren ihre Ziele verfolgen, sich dabei als Freundinnen stützen – wie ihre Träume aber auch platzen, davon erzählt Carolin Würfel inspiriert und mitreißend und lässt ein Stück Zeitgeschichte lebendig werden.

Das sagt Die gute Seite:

Richtig gut, dass Carolin Würfel dieses Buch gemacht hat! Ein super biografisches Einstiegsbuch für Alle, die schon etwas von einer der Autorinnen gelesen haben oder das schon immer mal tun wollten. Während Reimann & Wander bereits jung in den 1970ern verstarben, lebte und schrieb Christa Wolf auch nach der deutschen Wiedervereinigung mit großer Reichweite und starb 2011, so dass sie am bekanntesten und breitesten rezipiert von den drei Porträtierten ist. Für eingefleischte Christa-Wolf-Fans gibt’s daher wenig Neues, weil sich Würfel zum Glück stringend auf die gemeinsame Lebenszeit der Autorinnen und die Beziehungslinien zwischen ihnen kapriziert. Spannenderweise macht Carolin Würfel transparent, vor dem Buchprojekt bislang nichts von Wolf gelesen zu haben.

Als Literaturwissenschaftlerin mit viel Kanongerede in der Ausbildung ist das erfrischend, leider immer noch als mutig einzuschätzen und genau deshalb ganz wunderbar. Im Schreiben einer Autorinnen-Gruppenbiografie ist zwangsläufig die Auseinandersetzung über das Schreiben selbst Dauergegenstand, so dass Würfel auch formal nicht nur übliche Wege geht. So schreibt Carolin Würfel ein Kapitel in Form eines Brief an Brigitte Reimann, in dem sie zusammenfasst, Vermutungen anstellt und Fragen formuliert. Sofort habe ich bei der Lektüre hektisch zum Ende dieses Briefes geblättert, ob das jetzt fiktiv wird oder Würfel das jetzt wirklich macht —diese Methode zu nutzen, die manchen Schreibenden hilft, wenn sie nicht vorankommen: Textform ändern und an jemanden richten? Und ob das nicht ein bisschen sehr plakativ ist?

Je länger ich darüber nachdenke, desto entschiedener sage ich ganz klar: nein. Denn es passt zur Gesamtkonzeption dieser Dreier-Biografie, die zeitlich linear jeweils auch den familiären Hintergrund von Reimann, Wander und Wolf skizziert, dann darstellt, wie sich die drei kennenlernen und ihre Beziehungen zueinander sich unterscheiden. Im Zentrum steht dann selbstredend, wie und was sie schrieben, was und wer sie trug und bremste in der DDR.

Würfels ausführliche Beschreibung, welchen Elternhäusern die drei Autorinnen entstammen, spannt bis zum Ende der 1970er Jahre sehr überzeugend einen zeitlichen Bogen als Referenzrahmen für Aufbruch, Strategien, Enttäuschungen, Rückzug und Arrangement der drei Frauen. Er bietet Erklärungsmuster an, warum Wander aus armen Wiener Verhältnissen mit Theaterfreundeskreis nach Kleinmachnow ging und dort blieb, wie sich Reimann aus einer sachsen-anhaltinischen Kleinstadt stammend nach Hoyerswerda bewegte und in Moskau zum ersten Mal in einer Metropole stand und weshalb Wolf in Abgrenzung zum verinnerlichten Nationalsozialismus nun aber ganz unbedingt auf der richtigen Seite stehen wollte – und wie schwer es für die drei war, sich einzugestehen, dass der Versuch einer besseren Gesellschaft schief lief und wahrscheinlich scheitern musste. Christa Wolf erlebte den Zusammenbruch der DDR als einzige und wurde zur bundesweit geschätzten literarischen Chronistin von Ende, Transformation und wieder einem “neuen” Deutschland.

Carolin Würfels Buch wird ganz sicher Standardlektüre für die Beschäftigung mit auch nur einer der Schriftstellerinnen. Die Lektüre macht große Lust auf die Romane und Tagebücher von Brigitte Reimann, Maxie Wander und Christa Wolf selbst. Wer noch was draufpacken will, entdeckt noch Irmtraud Morgner (1933-1990) dazu.

Friederike Hartwig

Carolin Würfel: Drei Frauen träumten vom Sozialismus.
Erschien im September 2022 bei Hanser Berlin/ Carl Hanser Verlag.
Gebunden, 272 Seiten.
In unserem Webshop: €23, epub €16,99.

Auswahl einiger Titel der Porträtierten:

Brigitte Reimann: Franziska Linkerhand (posthum und unvollendet 1974)
Aufbau Verlag, atb Oktober 2000
Taschenbuch, 639 Seiten.
In unserem Webshop: €12,99, ebook €10,99

Maxie Wander: Guten Morgen, du Schöne! Protokolle nach Tonband (1977)
Suhrkamp Verlag, November 2007
Taschenbuch, 282 Seiten
In unserem Webshop: €12, DVD €19,99 (!!!)

Christa Wolf: Ein Tag im Jahr (1960-2000) – Autorinnenlesung als mp3! – & Ein Tag im Jahr im neuen Jahrhundert (2001-2011)
Christa-Wolf-Werk im Suhrkamp Verlag

Irmtraud Morgner: Leben und Abenteuer der Trobadora Beatriz nach Zeugnissen ihrer Spielfrau Laura (1974)
btb, Oktober 2017
Taschenbuch, 680 Seiten
In unserem Webshop: €12, ebook €9,99