Das schreibt der Verlag:
Drei Generationen von Frauen übernehmen das Familienunternehmen der Skelfs in Edinburgh. Ein Bestattungsinstitut mit angeschlossener Privatdetektei.
Die Leiche des ehemaligen Familienoberhaupts äschern sie auf seinen Wunsch hin illegal in ihrem Garten ein. Bald darauf entdecken seine Frau Dorothy, seine Tochter Jenny und seine Enkelin Hannah mysteriöse Zahlungen an eine andere Frau, die darauf hindeuten, dass Jim nicht der Ehemann war, für den sie ihn gehalten haben. Damit nicht genug verschwindet eine Freundin der Enkelin spurlos von der Universität.
Die Polizei ist nicht an Ermittlungen interessiert, also beschließt Hannah, das selbst in die Hand zu nehmen, um festzustellen, dass sie ihre beste Freundin eigentlich gar nicht kannte. Jenny, Skelfs Tochter und Journalistin, vervollständigt das Chaos, als sie bei einer Totenwache einen weiteren Fall übernimmt.
„Eingeäschert“ ist ein fesselnder, schockierender Thriller sowie ein düster-komisches und warm-herziges Porträt einer Familie in Aufruhr.
Das sagt Die gute Seite:
Abwechselnd kommen Hannah, ihre Mutter sowie ihre Großmutter aus verschiedenen Erzählsperspektiven zu Wort und so spinnt sich ein feines Familiennetz aus ihren Beziehungen zueinander und zu den Menschen, die sie lieb(t)en.
Yoga-Oma Dorothy übernimmt kurzerhand die patente Leitung des Unternehmens, in dem sie bislang mitgearbeitet hatte. Nun bekommt sie gezwungenermaßen Einblick in alle Bereiche des Bestattungsinstituts und lernt auch ihren engsten Mitarbeiter von einer neuen Seite kennen. Und warum wurde die Firma ausgerechnet nach der vermeintlichen Kündigung eines Angestellten um eine Privatdetektei erweitert?
Diese wird nun zunächst eher unfreiwillig von Tochter Jenny betrieben, der sehr bestimmt neue Fälle angetragen werden. Und einen fremdgehenden Ehemann zu beschatten kann ja wohl nicht so schwer sein…? Aber die eigene Scheidung scheint noch immer in ihr zu rumoren. Befördert oder stört dies ihre Ermittlungen?
Collegestudentin Hannah ging aus dieser gescheiterten Beziehung hervor, ist mit der Mitarbeiterin am Empfangstresen des Bestatttungsinstituts liiert und scheint sich als Einzige ernsthafte Sorgen um ihre verschwundene Mitbewohnerin zu machen. Sie lässt nicht locker, fragt sich in deren Umfeld herum und rennt gegen unerwartet verschlossene Türen und Vorurteile an.
Autor Doug Johnstone schafft es meisterhaft, emotionale Beziehungsgeflechte und gesellschaftliche Gegebenheit mit ziseliertem Blick zu einem spannenden Kriminalfall zusammenzubinden. Er lebt von der Darstellung seiner Figuren zueinander und ihrem Umfeld. Der Krimi spielt in Edinburgh, was mehr als Kulisse ist, weil in ihm Figuren in den sozialen wie städtebaulichen Hintergrund einbettet sind, was ihn trotzdem nicht zu einem klassischen “Regionalkrimi” macht, deren Orte austauschbar sind.
Der irische Krimiautor Anthony J. Quinn legt im äußerst lesenswerten Nachwort frei, dass dies ein neue Schleife in der Kriminalliteratur sei: weg von frei flotierenden Personen und den bloßen Beziehungen hin zur Verknüpfung mit dem sozialen Umfeld. Nix Neues, wenn wir uns nicht zuletzt an sozialkritische Krimis aus Schweden à la Sjöwall & Wahlöö erinnern? Da ging es jedoch eher um Thema(tisierung) im Krimi statt reine Unterhaltung. Hier geht es um darum, dass Personen untrennbar mit Orten verbunden sind und erzählerisch wie inhaltlich nicht gut ohne diese funktionieren.
Das verschiebt den Fokus vom reinen Whodunit zum Kriminalfall für die Ermittlerinnen. Der Tod des Bestatters ist zunächst gar kein Rätsel, sondern führt erst in dessen Folge zu Fragen über einen eventuellen Todesfall in der Vergangenheit. Damit werden auch die Familienangehörigen erst allmählich von Fragenden zu Forschenden. Erst mit dem Mord an Hannahs Mitbewohnerin wird die Grenze vom Privaten zum Öffentlichen im Buch überschritten. Eine seiner Stärken ist das Changieren an genau dieser Bruchkante: was ist privat, was ist akzeptiert, ab wann wird es skandalös (in wessen Augen)?
Weder Actionthriller, noch humoristischer Regionalschmunzler – Johnstone erfreut mit einem Schottischen Noir, der nur scheinbar gemächlich erzählt und es mit längerem Nachwirken immer faustdicker hinter den feministischen Ohren hat.
Friederike Hartwig
Doug Johnstone: Eingeäschert
Erschien im Januar 2022 Polar Verlag.
Gebunden 424 Seiten, Originaltitel: A Dark Matter.
Aus dem Englischen übersetzt von Jürgen Bürger,
Mit einem Nachwort von Anthony J. Quinn
In unserem Webshop: €25, ebook €20,99.
Großartig: Es gibt bereits Folgebände mit den Skelfs auf englisch: The Big Chill (2) & The Great Silence (3).