Das schreibt der Verlag: Er ist zehn, als in der DDR die Revolution ausbricht. Während sich viele nach Freiheit sehnen, hat er Angst: vor den Imperialisten und Faschisten, vor denen seine Lehrerinnen ihn gewarnt haben. Vor dem, was kommt und was er nicht kennt. Wenige Jahre später wird er wegen seiner langen Haare von Neonazis verfolgt. Gleichzeitig trifft er sich mit Rechten, weil er sich bei ihnen sicher fühlt. So sicher wie bei Mariam, deren Familie aus Georgien kommt und die vor gar nichts Angst hat. Doch er muss sich entscheiden, auf welcher Seite er steht. “Wir waren wie Brüder” ist eine drastische Heraufbeschwörung der unmittelbaren Nachwendezeit – und ein nur allzu gegenwärtiger Roman über die oft banalen Ursprünge von Rassismus und rechter Gewalt.
Das sagt Die Gute Seite: Ach Mensch, was kann noch kommen nach Manja Präkels Als ich mit Hitler Schnapskirschen aß, Peter Richters 89/90, Bangels Oder Florida und anderen Nachwenderomanen aus Jugendsicht? Offenbar noch so einiges, wie die jüngst erschienen Bücher von Hendrik Bolz’ Nullerjahre, Domenico Müllensiefens Aus unseren Feuern und eben auch Daniel Schulz’ Debüt zeigen.
Letzteres lotet aus, wie Opportunismus zusammengehen kann mit dem Widerstehen gegen rechtsextreme Überzeugungen (note: extrem unbrauchbar), aber vor allem schildert es das Aufwachsen in einem Umfeld allgegenwärtiger Gewalt. Schulz gelingt hier mit der Hauptfigur zu zeigen, dass es immer ein Dazwischen geben kann und die verschiedensten Dinge in einem Leben vorkommen können: Militär, Kirche, Hardcore-Faschos, Onkelz-Hörer, Aufgebende, Kämpfende, Punk, Obst, Lesen, Schreiben, Badesee.
Im Gegensatz zu Juli Zehs Über Menschen wird hier nicht dem Nachbarn nach dem Wessel-Lied-Gegröle metaphorisch noch die Hand über den Zaun gereicht und herausgekitzelt, dass eigentlich die Linken das Messer gezogen haben (das musste mal raus…).
Der zentrale Unterschied liegt natürlich im metamorphen Prozess der jugendlichen Entwicklung, so dass es ein Später gibt. Bei Schulz bricht es sich beim Verprügeln der Glatze Bahn. Wir haben immer die Wahl. Wenn auch im Rahmen der Umstände, wie wir sie beeinflussen können. Und immer stellt sich die Frage nach dem Preis.
Über all das sprechen wir mit dem Autor Daniel Schulz persönlich und freuen uns wirklich sehr, dass Daniel Schulz in seiner “Lieblingsbuchhandlung” (Zitat) seinen ersten Roman vorstellt!
Pünktlich zum 8. Geburtstag der Guten Seite laden wir daher sehr herzlich zur Online-Lesung mit Gepspäch ein im März 2022 (Ursprungstermin am 10.3. muss verschoben werden wegen journalistischer Reise in die Ukraine; Ersatztermin folgt) hier: https://bbb.cyber4edu.org/b/gre-ujj-9yf-y8m
Per Telefon zum Zuhören einwählen: +49 30 863 2868 1000. Die tagesaktuelle PIN lautet: 83318
Friederike Hartwig
Daniel Schulz: Wir waren wie Brüder Erschien im Januar 2022 im Hanser Verlag Berlin Gebunden, 285 Seiten für €23,- Leseprobe als pdf. Zum Webshop