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Lisa Taddeo: three women – drei frauen

Das schreibt der Verlag:

Alles, was Lina will, ist, dass sie jemand begehrt. Wie ist sie in diese Ehe geraten, mit zwei Kindern und einem Mann, der sie nicht einmal mehr auf den Mund küsst?

Alles, was Maggie will, ist, dass sie jemand versteht. Wie konnte sie sich auf ihren Lehrer einlassen? Und warum scheinen alle nicht ihn, sondern sie dafür zu hassen?

Alles, was Sloane will, ist, dass sie jemand bewundert. Wie ist sie zum Objekt der Begierde eines Mannes geworden, ihres Mannes, der nichts lieber tut, als ihr beim Sex mit anderen zuzuschauen?

Three Women – Drei Frauen ist das Buch der Stunde über weibliche Sexualität zwischen Lust und Macht, anziehend und verstörend, vielschichtig, gewaltig und schön.

Das sagt Die gute Seite:
Zugegeben: ich habe das Buch des Hypes wegen gelesen. Und weil ich wissen wollte, wo das Buch sich einordnet in die Publikationen zu feministischer Sexualitätsbetrachtung.

Denn bereits Buch und Dokumentation zu Vulva von Mithu Sanyal (Wagenbach, 2017) haben große Aufmerksamkeit erfahren, Stokowskis Untenrum frei (Rowohlt, 2016) ist ein Longseller, ergänzte Christian Dittloff in Das weiße Schloss u.a. um die Tabuthemen Menstruationssex (Berlin Verlag, 2018), erschien im Januar 2020 Stephanie Haerdles Titel zur weiblichen Ejakulation: Spritzen (Edition Nautilus), veröffentlichte Katja Lewina im Februar 2020 ihr Buch Sie hat Bock zum weiblichen Begehren, zieht Denise Dismer am 14.05.2020 auf Spiegel.de thematisch mit und spannt bspw. Silva Federici mit Jenseits unserer Haut (Unrast, März 2020) den Bogen kapitalismuskritisch noch weiter.

Wo also punktet Drei Frauen?! Um es kurz zu machen: Nix inhaltlich Erhellendes, “konventionell leidende Frauen” die an keiner Stelle fragen, “woher ihr Unglück rührt” (Andrea Gerk, DLF). Die individuellen Sex- und Intimitäts-Schilderungen mögen für Manche die ersten sein und somit Neuland.

Eine Stärke jedoch ist genau die Detailschilderung über mehrere Jahre. Mich hat die Geschichte von Maggie am meisten beeindruckt. Der Fall ist auch öffentlich bekannt geworden. Die damals 17-jährige Schülerin beginnt eine Affäre mit ihrem 29-jährigen Lehrer. In der Schilderung schält sich heraus, dass ihre Minderjährigkeit in Addition zum hierarchischen Machtverhältnis in diesem Fall zu einer missbräuchlichen Beziehung führt. Wie genau sich das auswirkt, in welchen unscheinbaren Handlungen, Anrufen, Notizen sich das manifestiert und warum der Missbrauch so lange nachwirkt und sich auf ihr weiteres Leben auswirkt, wird hier gut deutlich.

Alle drei Frauen wissen von Demütigung, Zurückweisung, Bevormundung, z.T. Gewalt von Männern zu berichten. Letztlich dokumentieren die Lebenserzählungen eine patriarchale Welt und wie sich diese Muster von klein an in den Frauen festsetzen. Allein die Frage von Sloanes 13-jährigem Bruder an die 9-Jährige, ob sie mit ihm rummachen wolle, beschwert ihr Verhältnis zu ihm massiv. Und nicht, weil es eventuell dazu gekommen wäre, sondern weil u.a. die Passivpositionierung der kleinen Schwester dies verursacht.

Es handelt sich daher um gut lesbare Gegenwartsgeschichten von drei Frauen, deren Sexualität und Beziehungspanorama und wie schwer es ist, sich aus vermachteten Verhältnissen herauszubewegen. Für thematische Einsteigerinnen durchaus geeignet. Reflexion, politische Einordnung und Veränderungsansätze müssten dann woanders eingesammelt werden. Aber genau das macht das Buch für Viele zur richtigen Lektüre. Keine Abhandlung, kein Manifest, einfach nur Leben von… Drei Frauen.

Friederike Hartwig

Lisa Taddeo: three women – drei frauen
Roman, 416 Seiten, erschien am 16.01.2020 bei Dumont,
aus dem Amerikanischen von Maria Hummitzsch
Originalverlag: Avid Reader Press (Imprint von Simon & Schuster), New York 2019, Originaltitel: Three Women
Gebunden €22, epub €16,99 – zum Webshop