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Jarka Kubsova: Marschlande

Das schreibt der Verlag:

Im Hamburger Marschland lebt ums Jahr 1580 Abelke Bleken. Sie führt allein einen Hof, trotzt
Jahreszeiten und Gezeiten. Und sie versucht, sich gegen ihre Nachbarn zu behaupten, in einer Zeit,
die für unabhängige Frauen lebensgefährlich ist. Fast fünfhundert Jahre später zieht Britta Stoever
mit ihrem Mann und ihren Kindern in die Marschlandschaft. Ihre Arbeit als Geografin hat sie für ihre
Familie aufgegeben, das neue Zuhause ist ihr noch fremd. Sie unternimmt lange Spaziergänge durch
die karge Landschaft, beobachtet die Natur und lernt, in Bracks und Deichlinien die Spuren der
Vergangenheit zu lesen. Dabei stößt Britta auf das Leben der Abelke, auf Ausgrenzungen und
Ungerechtigkeiten, die beängstigend aktuell sind. Fasziniert taucht sie tiefer und tiefer ein – und
merkt, wie viel sie im Leben der anderen Frau über sich selbst erfährt.

Das schreibt Helene Paulig, Stammkundin der Guten Seite:

Ist es nicht aufrüttelnd, dass sich über 500 Jahre so wenig in Frauenleben geändert haben soll? Im 16.
Jahrhundert wie heute ist da der weibliche Kampf um sichere Unabhängigkeit, um ein
selbstbestimmtes Leben. Da besteht der Wunsch, persönlich frei sein zu dürfen und doch Teil einer
verantwortungsbewussten und solidarischen Gemeinschaft zu sein.

Die Autorin Jarka Kubsova, in Tschechien geboren und seit 1987 in Deutschland lebend, beschreibt
diese existentielle gesellschaftliche Auseinandersetzung. Sie erzählt von Abelke Bleken, der einzigen
von Dutzenden Frauen, die in Hamburg als Hexen auf dem Scheiterhaufen ermordet worden sind,
von der die Protokolle ihrer Vernehmungen in den Archiven überdauert haben. Dank der klaren, gut
recherchierten Erzählung der Autorin ist es möglich, in die Zeit des späten Mittelalters in den
Marschlanden einzutauchen. Es ist spannend, Abelke Bleken kennenzulernen, ihr bei ihrer schweren,
aber erfolgreichen Landarbeit zuzuschauen, ihr freies Denken und Fühlen zu erleben. Und es tut weh,
ihre Verfolgung und Vernichtung durch Nachbarn und Hamburger Patrizier beobachten zu müssen.
Kubsova legt diese unangenehmen Gefühle von Ungerechtigkeit, Ausgeliefertsein und Hilflosigkeit
frei. Aber es sind auch viele interessante historische Fakten, Zusammenhänge und Geschichten der
Marschlande, mit denen die Autorin fesselt.

Die besondere Atmosphäre der Landschaft ist nur ein Bindeglied zwischen dem Leben der Abelke
Bleken und dem von Britta Stoever, die den Namen der Bäuerin zum ersten Mal auf einem
Straßenschild liest. Ihre anfänglich vorsichtige, später forsche Recherche nach Abelke Bleken
verändert ihr Leben, aber sie macht auch deutlich, dass Geschichte, mag sie auch 500 Jahre
zurückliegen, immer noch gesellschaftlich erregt und aufregt. Kubsova beschreibt dankenswerter
Weise keine direkten Vergleiche zwischen dem Leben dieser beiden Frauen. Die Geografin Britta
Stoever merkt, dass der Familienumzug aufs (Marsch)Land ihre Lebensentscheidungen auf den Kopf
stellt. Wo ist die Herausforderung, die es einmal gegeben hat, früher in einem wissenschaftlichen
Institut, bei ihrer jetzigen Arbeit geblieben? Wie wichtig ist sie für ihre Kinder? Was macht ihre Ehe
und Beziehung noch reizvoll? Warum hat sie ihre Träume aufgegeben für die Familie? Ist es möglich, dass sie in emotionale und materielle Abhängigkeit und Unsichtbarkeit einfach so reinrutschen
konnte?

Der Roman von Jarka Kubsova macht Entscheidungen, die zwei Frauen in ihrem zeitlichen und
gesellschaftlichen Umfeld getroffen haben, sichtbar. Es tut gut und macht Mut, ihn zu lesen.

Jarka Kubsova: Marschlande
Erschien im August 2023 im S.Fischer Verlag.
Gebunden, 320 Seiten.
In unserem Webshop: €24,-/ Hörbuch eingesprochen von Julia Nachtmann & Nina Petri (€23,95).
>>Von Jarka Kubsova im Taschenbuch erschienen: Bergland.