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Adriana Altaras: Lieber allein als in schlechter Gesellschaft. Meine eigensinnige Tante.

Das sagt der Verlag:
Als ihre Eltern aus Zagreb fliehen müssen, kommt Adriana mit vier Jahren zu ihrer Tante nach Italien.
Dorthin wird sie ihr Leben lang zurückkehren: als Jugendliche in den Sommerferien, mit ihrer
gesamten Abiklasse – und mit all ihren Liebhabern, die Tantchens aristokratischem Blick standhalten
müssen. Und auch als Adrianas Mann sie nach dreißig Jahren Ehe verlässt, ist es ihre 98jährige Tante,
die ihr am Gardasee mit jeder Menge Pasta, pragmatischen Ratschlägen und Barbesuchen zur Seite
steht. Ausgerechnet Teta Jeles hundertsten Geburtstag können sie nicht miteinander feiern. Adrianas
Tante ist im Pflegeheim; wegen der Pandemie darf sie keinen Besuch empfangen. Umso häufiger
telefonieren die beiden miteinander. Und lassen dabei Jeles Jahrhundertleben Revue passieren. Die
Kindheits- und Jugendjahre in Zagreb, die Rettung durch Giorgio, der die Tante nach Mantua brachte
und den sie nur aus Dankbarkeit heiratete. Die Liebe zu Fritz Epstein, der rechtzeitig nach Australien
floh. Den Umgang mit dem Altwerden und der eigenen Geschichte inmitten des Weltgeschehens.
Adriana Altaras entwirft in ihrem neuen Buch ein zartes und zugleich irre komisches Porträt einer
wunderbar eigensinnigen Frau.


Das sagt Helene Paulig, Stammkundin der Guten Seite:
Ja, es ist richtig, was der Verlag schreibt. Es ist ein zartes und irre komisches Buch. Es hat nur 233
Seiten; die sind prall mit Leben gefüllt, mit den Erfahrungen eines jüdischen Lebens im 20. und 21.
Jahrhundert. Es ist ein schriftstellerisches Kunststück der Autorin, wie sie viele verschiedene
Lebensschichten auf diesen wenigen Seiten vereint und dabei emphatisch, fokussiert und trotzdem
unterhaltsam erzählt. Es gibt viel zu lachen und zu schmunzeln in diesem Buch. Über einige der
Lebensschichten oder auch Ebenen des Romans sei hier berichtet:


Die biografischen Wege von Teta Jele und Adriana Altaras sind miteinander verwoben. Die Tante
liebt ihre Nichte wie ein eigenes Kind. Sie wurde unter einer Wolldecke im Fond des Fiat 850 von
Giorgio, Tantchens Mann, aus Jugoslawien herausgeschmuggelt. Es bestand die Gefahr, dass die
Eltern in ein Straflager von Tito eingeliefert würden. Teta Jele und ihr Mann nehmen das Kind mit zu
sich nach Mantua. Die Liebe zwischen beiden Frauen hält ein Leben lang.


Die beiden Schwestern, Teta Jele und die Mutter der Autorin Thea, bewerten Kommunismus (in
Jugoslawien) und Kapitalismus (in Italien) konträr. „Wie kann man sich gleich dem nächsten Diktator
verschreiben“, schreit die Tante, „wenn man einen anderen nur knapp überlebt hat?!“ Thea: „Tito ist
kein Diktator, er ist unser Held. Lang lebe Marschall Tito.“


Es waren Ustascha-Angehörige, kroatische Faschisten, die Teta Jele auf der Flucht kurz vor der
Grenze aufgriffen und in ein KZ steckten. Sie überlebte das Grauen, die meisten Familienangehörigen
nicht. „… wir sind doch Deutsche, meine liebe Jelka“, hatte der Unternehmer-Vater Sigismund
Fuhrmann gesagt: „Nur die kroatischen Faschisten verfolgen die Juden.“ „Ein Irrtum“ kommentiert
die Tante im Roman.

Adriana Altaras beschreibt die Liebesbeziehungen in ihrer Familie, auch ihre eigene. Das ist traurig,
lustig, verzwickt, vielschichtig. Sie haben alle auch etwas mit dem Überleben der Shoa und jüdischem
Leben zu tun. Autorin Altaras: „Ich musste nicht die Shoa überleben.“ Die Tante: „Doch, musstest du
und tust es immer noch.“


Der Roman steckt voller Lebensweisheiten einer alten Dame, die trotz mehrfacher existentieller
Bedrohungen die Kunst des guten Lebens sucht und findet. Dazu gehören Leinenkleider, Cashmere-
Twinsets, 100-Euro-Gesichtscreme und gutes Essen: „Ein längeres Leben hat man eindeutig mit
Pasta.“

Jelka Fuhrmann besteht darauf, selbständig zu wohnen und zu leben. Doch mit 99 Jahren fällt sie,
bricht sich den Oberschenkelhalsknochen und muss dann in ein Pflegeheim. Die Autorin beschreibt
das Leben dort mit seinen Zuwendungen und Lasten. Dieser Roman ist auch eine Geschichte übers
Altern bis zur Hilflosigkeit.
Demenz setzt ein. Die Autorin beschreibt diesen Prozess voller Empathie und Verständnis. Der Abbau
der körperlichen und geistigen Kräfte wird durch die Isolation der Corona-Pandemie beschleunigt.
Ausgerechnet den hundertsten Geburtstag können Tante und Nichte nicht gemeinsam feiern, das
Virus ist brutal. Aber die Tante überlebt den Ausbruch der Krankheit im Heim.


Die Autorin lässt uns einen authentischen Blick in jüdisches Denken und Leben in den vergangenen
Jahrhunderten werfen. Sie zitiert ein wunderbar unsterbliches Gedicht von Heinrich Heine und
erzählt einige jüdische Witze ihrer Familie.


Es gäbe noch mehr Lebensschichten aufzudecken in diesem Roman, der eine wunderbare
Liebeserklärung der Autorin an eine bemerkenswerte Frau ist, zum Beispiel zum Thema Hunde oder
Garten oder… es soll hier genug sein. „Meine eigensinnige Tante“ ist der Untertitel von Adriana
Altaras’ Roman. Die Tante wurde über 100 Jahre alt. Tante und Nichte hatten das Glück, sich an den
Händen zu halten, als Jelka Motta geb. Fuhrmann das Leben endlich loslassen kann. „Alles ist gut.“

Adriana Altaras: Lieber allein als in schlechter Gesellschaft. Meine eigensinnige Tante.
Erschien im März 2023 bei Kiepenheuer & Witsch.
Gebunden, 340 Seiten.
In unserem Webshop: €22, epub €18,99
>>Hörbuch €20 (gelesen von der Autorin & Angela Winkler, Argon Verlag)